Mittwoch, 17. August 2011

Europa im Visier

Prof. Sdogati hat mehr als recht (Dolomiten vom 19.07.). Es gibt anscheinend neben den extrem großen und immer häufigeren Spekulationsblasen des neuen Casino-Kapitalismus noch eine parallele Strategie es US-Schuldenabwälzens, die den Euro im Visier hat.
 
Die Gewinner der letzten Finanzkrise sind rund 250 neue Dollar-Milliardäre, die Hälfte an der US-Ostküste (in 2 Jahren von 1300 auf 1550 weltweit gewachsen). Unschwer erkennt man dabei, wo die mehreren Hundertmilliarden der letzten Jahre gelandet sind: sie wurden von der Krise nicht vernichtet, sondern nur umgeschichtet.

Europa wäre mit der Hälfte mehr Einwohner und der höheren Wirtschaftskraft stark genug, sich zu wehren. Notwendig aber wäre, die National-Egoismen der Politik durch die Entlassung maßgebend verstrickter Politiker auszuschalten und eine neue Politik mit europäischer Weitsicht anzugehen:

Z.B. eine Neutralisierung der US-amerikanischen Rating- Agenturen durch eine starke europäische, eine Ablöse des Dollars als Preisreferenz für Rohstoffe durch eine solche aus Euro und ev. Yüan, und eine geringfügige Transaktionssteuer auf spekulative Finanztransaktionen mit Hebelwirkung.

Samstag, 19. März 2011

Finanz-Zocker leben vom „Auf Pump leben“

Die Erträge des letzten Jahrzehntes aus der Wertschöpfung der Realwirtschaft sind zuerst in die Immobilienblase geflossen. Als die dann geplatzt ist hat sich das Spekulationskapital auf das Wettgeschäft gestürzt. „Derivate“ hat man das vornehm genannt, was nichts anderes war, als Hütchenspiel ohne Grenzen.

Unbedarfte Anleger wurden in die Falle von scheinbaren gut bewerteten (von Agenturen „gerateten“) Anlageformen gelockt. Heimlich hat dann die Seilschaft der Spekulationslobby mit „Derivaten“ dagegen gewettet.

In der klassischen Rechtlehre ist so etwas Glatter Betrug: „ die Unwissenheit eines anderen ausnützen, um ihn zu schädigen“ fällt in der Realwelt unter das Strafgesetz. Die Gesetzgeber und Regierungen aber trauen sich nicht, einzugreifen, weil sie meistens selbst schon kompromittiert bis korrumpiert sind.

Möglich ist dieses üble Geschäft nur vor dem sozial-kulturellen Hintergrund des Schuldenmachens, „des Lebens auf Pump“. Ausgegangen ist das von der US-Kultur der Verschuldung, um die Zukunft vorwegzunehmen (siehe Literatur von Roland Benedikter).
Der „American Way of Life“ wurde - gefördert vom amerikanischen Kulturimperialismus - von Europa zuerst bewundert und dann sogleich nachgeahmt. Die Höhe der Schulden war der Maßstab für das Sozialprestige, wer mit Kreditkarte (nomen est omen) zahlt, ist angesehen, wer überweist oder gar bar zahlt, ein armes Würstchen.

Freitag, 18. März 2011

Realwirtschaft und Spekulationsblasen

Der Wissenschafter Roland Benedikter* hat sich mit dem wirtschaftlich- sozialen Phänomen der Spekulationsblasen beschäftigt und auch den kulturellen Hintergrund beleuchtet.
Er stellt die Realwirtschaft den derivaten Finanzoperationen gegenüber. Echte Wertschöpfung entsteht immer nur in der Kern- Realwirtschaft, und die Ergebnisse wurden in mittlerer Vergangenheit immer wieder in die Realwirtschaft reinvestiert.

Im letzten Jahrzehnt aber wurden die Erträge aus der Realwirtschaft dieser entzogen und in Wetten (=Derivate) spekulativ eingesetzt. Wetten sind kein Kernprozeß der Realwirtschaft, sie erzeugen keine Wertschöpfung, aber sie bilden das System der Blasen. 2002 war das Verhältnis der Realinvestition zur Spekulationsmasse 1: 2.

Inzwischen hat sich das Verhältnis zu Ungunsten der realen Wertschöpfung - auf ein unglaubliches Maß von 1 : 50 für die Zocker - dramatisch verschlechtert. Das bedeutet eine Vervielfältigung der Spekulationsmasse, die gleichsam über der ganzen Erde kreist, ohne sich je wirklich niederzulassen und ohne so damit nachhaltig zu wirken.

* Roland Benedikter (* 1965) ist ein Südtiroler Soziologe und Politikwissenschaftler, der vor allem auf dem Feld der Kultursoziologie arbeitet. Er hat Bücher über inklusive Kulturanalyse und Gesellschaftsentwicklung geschrieben und seit 2009 ist er als Europäischer Stiftungsprofessor für Soziologie an der University of California, Santa Barbara und als Visiting Fellow / Research Affiliate an der Stanford University tätig. Seit 2010 ist er auch Research and Teaching Associate an der Europa Universität Viadrina Frankfurt/Oder, Deutschland.



Schlimm ist, daß nicht nur die anglo-amerikanischen Regierungskreise völlig von der Lobby der Spekulanten vereinnahmt sind, sondern auch die EU- Regierungen das Spiel (ahnungslos oder bewußt) dulden.
Beweis: mit einer Finanz-Transaktionssteuer wollte man das große Casinospiel einschränken. Aber die mächtigen Seilschaften der Investoren-Lobby – sie haben ja die meisten Medien in der Hand – haben erreicht, daß sich ihnen die Politik gebeugt hat. Was herauskommt ist wieder ein Blendwerk, nämlich eine Bankensteuer, deren Effekt die Sozialisierung der Risiken ist.

Das Spiel geht also weiter: Die Spekulanten locken die Kleinanleger mit ihrer Medienmacht gelegentlich auf falsche Fährten, sie selber wetten dagegen und streichen – sofern es gut geht - immense Gewinne ein. Sollte es schief gehen, schreien sie nach dem Rettungsschirm. Willfährige Regierungen verteilen den Verlust auf den Steuerzahler; ganz nach dem Muster: Gewinne sind Privatsache, Verluste werden sozialisiert.

Donnerstag, 17. März 2011

Die falsche Deregulierung des Finanzsystems und die neue Form der Ausbeutung.

Die vom Neo-Liberalismus und Neo-Kapitalismus erträumte „Selbstreinigung“ des Finanzsystems hat nie funktioniert. Diese Art der Wirtschaftsphilosophie mit seiner Deregulierung nach dem Wildwestprinzip hat den Mittelstand massiv bedrängt, und dessen Ausdünnung wird jetzt allenthalben schmerzlich sichtbar. 

Wurden noch im klassischen Kapitalismus Gewinne wiederum in die Wirtschaft investiert, geht das Ergebnis aus der heutigen Ausbeutung, hauptsächlich zu Lasten des Mittelstandes, im System der Finanzblasen in parasitäre Organisationen ein. 

Und nach der Blase der High-Tech und „New Economy“ und der nächsten der Überschuldung von Immobilien, der „Subprime- Crisis“, müssen wir uns schon auf die nächste Blasen-Krise einstellen, vermutlich die der Lebensmittel.

Das Beispiel des „Rettungsschirms“ hat deutlich gezeigt, daß hier ein System gestützt wird, das falsch funktioniert. Wir mußten hier ein Schauspiel   erleben, das mit (Kultur-)-politischen Aktionen ein Blendwerk inszeniert hat, dessen alleiniges Ziel es war, Gewinne aus den Spekulationen für die wenigen Seilschaften der Spekulanten zu sichern. So konnte man die Verluste der Investoren aus den Geschäften mit der Überschuldung sozialisieren, also auf den Steuerzahler abzuwälzen.

Die Maßnahmen von „Basel III“, also vorgebliche Schutzregeln, haben eines erreicht: sie haben die Komplexität der Normen und Regeln (wahrscheinlich absichtlich) so hoch getrieben, daß es selbst Banken nicht mehr völlig durchschauen.

Im Zeitalter der zyklischen Finanzblasen müssen wir uns gegen die Zocker wehren

Die Gerüchte über angebliche künstliche Geldvermehrung oder auch über Geldvernichtung sind ein Mythos, der vielleicht vom Spiel der harten international agierenden Zocker ablenken soll. Diese saßen bisher  hauptsächlich in den anglo- amerikanischen Finanzzentren, haben aber auch schon begonnen, die vergleichbaren asiatischen Pole zu infiltrieren, und sie vermehren sich dort atemberaubend.

Geld- bzw. Wert- Vermehrung kann nur durch Produktion von Waren oder Leistung entstehen.

Das Spiel der Blasen aber räumt von der Menge der Abermillionen Kleinanleger und Fonds (siehe z.B. amerikanische Pensionsfonds), oft auch von der Masse der Hunderte Millionen Steuerzahler wenn sie (z.B. für den Euro-Schutzschild) garantieren müssen, für wenige tausend Spekulanten ab. Bezeichnend dafür ist der Anstieg der Multimilliardäre über die Blasen hinweg (New- Economy -> SubprimeCrisis -> Europäische Staatsverschuldungen -> …).

Laut „Forbes-Liste 2011“ gibt es mehr Milliardäre denn je. „Die Zahl der Superreichen steigt rasant. In den USA sind es immer weniger, in Asien und Russland immer mehr. So viele Milliardäre gab es noch nie – und das lediglich zwei Jahre nach der Finanzkrise. 1210 Dollarmilliardäre verzeichnet die neue Forbes-Liste – fast 200 mehr als vor einem Jahr.“ http://www.zeit.de/wirtschaft/2011-03/forbes-milliardaer-usa

Was zu beweisen war: Die Seilschaft der neo- kapitalistischen Spekulanten bläst in Blasen, verbreitet über die Medien, die sie in weiten Teilen beherrschen, die Mär von den Krisen. Sie erzählt von den angeblich komplexen Zusammenhängen, von der Geldvermehrung  und der Geldvernichtung, streut Sand in die Augen der Betroffenen und zockt in Wirklichkeit die halbe Welt ab. Und die ständigen Katastrophen-Meldungen lenken natürlich ab, und wir geben uns als nützliche Idioten her. Selbst Landes- und Großbanken lassen sich dahineinziehen und geben den Falschspielern mitunter  sogar den Sündenbock ab.

Montag, 31. Januar 2011

Geldvermehrung und Geldvernichtung

Eine alte Antwort auf eine alte Frage: Geldvermehrung durch Kreditvergabe gibt es nicht, weil eine Bank im Wesentlichen nur verleihen kann, wofür sie in irgendeiner Form Einlagen hat (bar oder unbar). Aus der Luft kann sie folglich keinen Kredit generieren. Und ebenso gibt auch keine Geldvernichtung durch Kreditausfall.

Im Grunde ist das alles ein Null-Summen-Spiel.

Wenn also die Landesbanken nicht bei Ihren Leisten bleiben und sich großtuerisch international in Immobiliengeschäfte einlassen und nachher beim Platzen der Blase verlieren, weil Sie über den Tisch gezogen wurden, dann wird der Rückfluß geringer und es entsteht ein Loch . Aber das Geld vom Zufluß hat inzwischen in Übersee oder auf den Inseln schon wer eingesteckt.

„Das ist alles sehr kompliziert“, würde Fred Sinowatz sagen.
Ich bin aber  fest überzeugt: Es ist nicht so komplex, wie man uns glauben machen möchte. Mit der angeblichen Komplexität streut man der Bevölkerung Sand in die Augen. Geld wird nicht durch Kredit erzeugt und nicht durch Ausfälle zerstört. Die künstlich dargestellte Komplexität soll nur verschleiern, daß bei dem Spiel immer jemand soviel kassiert, wie auf der anderen Seite verloren geht.
Damit manövrieren sich die Täter in die Opferrolle. Sie beschreiben Horrorszenarien für die Politik, und die Staaten sollen Erbarmen haben, die Verluste zu sozialisieren, aus denen sie ihren Reibach generiert haben.
Manche sagen: "Der Staat ist Verlierer beim Glücksspiel.." Das aber trifft keine anonyme Vereinigung, es ist immer die Gesamtheit der Bürger (=Steuerzahler). Die müssen den Reibach der Geldverleiher und Zocker als letztes Glied der Kette durch Steuern kompensieren.

Hier ein Beispiel: Der Hedge-Fonds-Manager Paulson nach Informationen des gewöhnlich gut unterrichteten "Wall Street Journal" im vergangenen Jahr einen persönlichen Profit 5 Mio. $ an Boni eingestrichen. Dabei hat er für seinen Fonds möglicherweise das 20- bis 30-fache an Gewinn geschaufelt. 100-150 Mio. $ sind so viel, die würden ja schon fast das Loch in Irland auffüllen (oder haben es vorher durch abkehren der Flüsse erzeugt)
http://www.boerse-express.com/pagesfoonds/11206

Donnerstag, 20. Januar 2011

Unterschiedliche Wirklichkeiten besitzen auch unterschiedliche Wahrheiten.

Man könnte „Wirklichkeit“ auf die Wortwurzel zurückführen: „was auf uns wirkt“. Da empfiehlt es sich, dies deutlich von der „Realität“ zu unterscheiden. Diese wirkt eben unterschiedlich auf unterschiedliche Standpunkte. Gefährlich wird es, wenn wir solch eine Wirklichkeit sofort für die Wahrheit halten.
Ganz schlimm aber ist es dann, wenn wir einen Alleinvertretungsanspruch auf diese Wahrheit erheben: „Meine Ansicht ist richtig, deshalb sind alle anderen falsch!“. Einige (Formen von) Religionen oder politische Weltanschauungen tun das leider in geradezu menschenfeindlicher Art.
HP Dürr, Quantenphysiker und Brückenbauer zwischen Natur- und Geisteswissenschaft,  beschreibt das so: Wie so oft in unserer Geschichte kommen wir Menschen dabei Immer wieder in die alte Versuchung: Gelingt es uns einmal, einen kleinen Zipfel der Wahrheit zu erhaschen, dann meinen wir, in diesem Zipfel gleich die einzige und ganze Wahrheit zu sehen.

Wenn wir uns eine vermeintliche Wahrheit aus unserer Wirklichkeit zurechtgezimmert haben, dann versuchen wir zur scheinbaren Bestätigung alle Phänomene des Weltgeschehens, diese dorthin zurechtzubiegen.
HP Dürr meint dazu: Wir betrachten das ganze Weltgeschehen nur unter dieser einen Neuen Einsicht und zwängen, was nicht so recht passen will, mit Intelligenz, Schlauheit, Eloquenz, doch auch mit unbewußter oder bewußter Mogelei und Gewalt, in dieses Korsett.

Der Alleinvertretungsanspruch der subjektiven Wahrheit

HP Dürr, Nobelpreisträger für Physik und Philosoph, meint dazu: Gelingt es uns einmal, einen kleinen Zipfel der Wahrheit zu erhaschen… Wir betrachten das ganze Weltgeschehen nur unter dieser einen Neuen Einsicht und zwängen, was nicht so recht passen will, …, in dieses Korsett.

Dabei gehen Staats- oder und Religionsformen mitunter soweit, daß sie alles, was darüber hingeht, bekämpfen; manchmal sogar brutal.

Das beginnt bei religiöser Intoleranz, geht über einen Missionierungswahn bis hin zur Verfolgung. Beispiele und Blutspuren gibt es genug in unserer Geschichte:
von den „heiligen“ Kriegen des Mittelalters und am Beginn der Neuzeit, bis zur Befreiung sozialistischer Bruderstaaten,

bis zum Djihad oder dem “Kampf gegen die Achse des Bösen“ der jüngsten Vergangenheit. Aber auch im Alltag erleben wir es, wenn Gruppierungen, Gesellschaften, Länder, Völker ihre „Wahrheit“ und ihr Gesellschaftssystem anderen als Heilmittel und "allein seligmachend" aufzwingen (möchten).


Der bayrische Satiriker Gerhard Polt greift das Thema der eingebildeten Überlegenheit einer Ansicht in seiner „Ansprache an das Volk von Tjurangrati“ in heiterer Form auf, allerdings mit bitterböser Anspielung im Hintergrund:

“My dear Tjurangrattlers! Democracy, Ladies and Gentlemen, has a very old tradition in Bavaria. The roots go back... far, far back to a man called Plato, then Cicero and the third one was our political genius from Bavaria: Dr. Mueller! Or, as we call him in Bavaria: "Ochsensepp” and he gave the idea of democracy a new power by giving simple answers to very simple questions…

A typical Ochsensepp- question: What do democrats actually want? The democrats, Ladies and Gentlemen, always want to have a majority, a solid majority - in Bavaria: absolute majority! Now, it is to us: How can we get such a majority?
To have absolute majority, Ladies and Gentlemen, it is necessary to have your own press, your own newspaper … to tell the majority what the majority wants to hear... This is the best way to avoid unnecessary minorities.

Ladies and Gentlemen, …we wish you by heart a happy democracy.

Sonntag, 9. Januar 2011

Der Zusammenbruch des Schulden- Kartenhauses

Wir haben erlebt – und sind zum Teil noch mitten drin - wie in der aktuellen Finanzkrise um Haaresbreite ein (anscheinend) drohender Kollaps des internationalen Finanzsystems vermieden werden konnte. Der Preis dafür ist allerdings hoch: In wirtschaftlich guten Zeiten hat die Finanzwirtschaft enorme Gewinne eingestrichen und ihren Managern exorbitante Boni zugestanden, welche die Manager zu immer höheren Risikogeschäften verleitet haben. Gleichzeitig haben populistische Regierungen enorme Gelder für Beamten-Bezüge und Privilegien ausgegeben und damit eine Wähler- Hausmacht aufgebaut.

Um das Volk ruhigzustellen, haben sie großzügig Frühpensionen gewährt; so, daß viele Leute länger Renten beziehen, als sie Arbeits- und damit Beitragsjahre aufweisen können. Das Geld dafür haben sie sich auf Staatsschulden beschafft, ohne Rücksicht darauf, daß ihre Enkel noch daran zu zahlen haben.

Nachdem das finanzielle Kartenhaus der Ausgeber-Staaten, das kaum noch einen Bezug zur realen Wirtschaftwelt hatte, in den letzten Jahren zusammengebrochen ist. kommen jetzt allerdings die Staaten und somit die Steuerzahler zum Handkuß. Den riesigen Schuldenberg, der durch die überzogen deregulierte Finanzwirtschaft entstanden ist, müssen die Bürgerinnen und Bürger abtragen.
Als Folge dieser staatlichen Verschuldung fehlen nun notwendige Mittel für gemeinnützige Infrastrukturen, Sozialleistungen oder Altersrenten, verbunden mit einer Schrumpfung der Kaufkraft.

(Ergebnisse von Toblach 2010)

Samstag, 8. Januar 2011

Ersatzreligion Geld und die Krise eines unkontrollierten Finanzkapitalismus'

Sicht eines Teilnehmers an den Toblacher Gesprächen

Referenten und Teilnehmer hatten bisher über Nachhaltigkeit und Energieeffizienz diskutiert, die Zusammenhänge zwischen Arbeit, Gesundheit und ökologischem Wohlstand erforscht und nicht zuletzt den Begriff Klimahaus in die Welt hinausgetragen. Etwas überraschend hat Toblacher Akademie die Gespräche 2010 dem Thema „Geld" widmete, dem mächtigen, schnellen Geld, das unsere Welt regiert.
Jenem Geld, das vom zweckmäßigen Tauschmittel zu einer Art Ersatzreligion geworden ist, der immer öfters andere Werte untergeordnet werden. Bei der Tagung haben sich die Vortragenden nicht nur darauf beschränkt, die Krise eines außer Kontrolle geratenen Finanzkapitalismus' nachzuvollziehen. Die Referenten haben innovative, hoch riskante Finanzinstrumente mit modernen Massenvernichtungs-Waffen verglichen, bei deren Explosion die Privatfinanzen zusammenbrechen und die staatlichen Schuldenberge in die Höhe fliegen.

Es auch ist der Blick des kleinen Mannes auf die Krise erläutert worden, denn im Endeffekt sind es die Steuerzahler - also wir Bürgerinnen und Bürger – die das Geld erwirtschaften und zurückzahlen müssen, das die Staaten zur Rettung ihrer Banksysteme aufbringen mußten, nur weil die Investmenthäuser „zu groß waren, um fallen gelassen zu werden". Oder schöner ausgedrückt, weil man ein noch größeres Desaster verhindern wollte. Nach der Finanzkrise und der Konjunkturflaute der letzten Jahre werden wohl auch noch die nächsten Generationen unter der Neuverschuldung der Industriestaaten zu leiden haben. Mehr noch als heute wird die Zukunft zu spüren bekommen, daß die Mittel für gemeinnützige Infrastrukturen, Sozialleistungen und Altersrenten fehlen und die Kaufkraft ihres Geldes schrumpfen wird.

Dr. Oscar Kiesswetter
Beauftragter Dozent an der Universität Verona, an der Universität „Cattolica“ in Mailand und an der Universität Trient

Freitag, 7. Januar 2011

Ist Geld ein Gutschein für potentielles Glück?

Zur Einführung in die Tagung 2010 der Toblacher Gespräche gab es Überlegungen dazu: Macht es glücklich, bzw. wieviel davon benötigt man?
Dr. Karl-Ludwig Schibel

Wir finden das Sprichwort “Geld regiert die Welt” täglich in unserer unmittelbaren Erfahrung bestätigt. Sie ist selbstbestätigt, und der Versuch, uns, die auskömmlich leben, ohne über nennenswerte Bar- oder Vermögensbestände zu verfügen, uns dafür, daß wir nicht mitregieren dürfen damit zu trösten, daß Geld nicht glücklich mache, ist nicht zufriedenstellend. Es mag zwar empirisch wahr sein, aber in einem Taxi weint es sich bekanntlich besser als in der Straßenbahn.

Immerhin: wissenschaftliche Analysen bestätigen wiederholt das gebrochene Verhältnis zwischen Geld und Glück. Bei allen Untersuchungen über das Glück, beziehungsweise das Glücklichsein, wird auf die Frage: “Wie viel müßten Sie denn verdienen beziehungsweise zur Verfügung haben, um glücklich zu sein?“ kam man zum gleichen Ergebnis: Mit großer Regelmäßigkeit wurde ein Betrag genannt, der etwa dem Doppelten dessen entspricht, was der oder die Befragte aktuell zur Verfügung hatte. Und war das war bei allen unabhängig nach oben offen, ohne Sättigungsgrenze.

 In der Regel ist also niemand zufrieden mit dem, was er hat und meint, mit zwei Mal so viel wäre alles ganz anders. Über Geld als Besitz nachzudenken, oder gar darüber zu reden und zu diskutieren, erweckt bei vielen Menschen ein durch und durch irrationales Gefühl von etwas Ungehörigem. „Geld hat man, aber über Geld redet man nicht“. Jemand zu fragen wie viel er oder sie verdient ist fast so ungehörig, wie sich nach dem Sexualleben der betreffenden Person zu erkundigen.

Freitag, 31. Dezember 2010

Engleutsch / Denglisch: Die Illusion der Verständigung

 Es wird behauptet, der Gebrauch englischer Vokabeln diene der internationalen Verständigung. Wenn es so wäre, dann müßten wir uns doch besser an das Original halten. Das Handy heißt auf englisch immer noch „mobile“ (moblie (tele-)phone). Damit haben manche ihre Schwierigkeiten, denn im Englischen sind Abkürzungen verständlich, die im Deutschen unverständlich wären. Das Eigenschaftswort „handy“ bedeutet aber „handlich“ oder „praktisch“.

Viele wissen, was ein „update“ ist. Schön ist folgenden Satz: „Ich habe meinen Bericht upgedatet“. Damit kann aber weder ein Engländer noch ein Amerikaner etwas anfangen. Für solche Ausdrücke müßte man zuvor die englische Grammatik lernen.

Fremdsprachige Einstreuung in die eigene Ausdrucksweise dient meist nur der Angeberei.

 Und nun zur Angeberei: Viele Menschen werden das schon durchschaut haben. Fremdländische Vokabeln werden deshalb verwendet, um ein Maß an Bildung vorzutäuschen, das man nicht hat. Dann wird eben fröhlich „downgeloadet“, und man erzeugt den Schein, als sei das eine Geheimwissenschaft. Viele benutzen das Denglisch auch aus Gründen der Neutralität. Der „User“ ist harmlos. Aber beim „Nutznießer“ muß man ja zugeben, daß ein Nutzen dabei ist. Das wäre die andere Seite der Medaille.


Wenn wir uns tatsächlich mit Engländern und Amerikanern verständigen wollen, dann müssen wir die Sprache doch richtig lernen. Gegen richtiges Englisch gibt es keinen Einwand. Man lernt diese Sprache aber nur dann richtig, wenn man Gelegenheit findet, mit Engländern oder Amerikanern direkt zu kommunizieren.

Lehnwörter sind als eindeutige Begriffe dagegen ebenso normal und oft auch sehr nützlich. Diese gibt es besonders in jeder Fachsprache, Latein z.B. in der Biologie und in der Medizin, In der Luftfahrt und in der IT stammen sie meist aus dem Englischen.

Das „Denglisch“ aber ist schlicht und einfach eher etwas für Plauderer und deshalb als Angebersprache verdächtig!
Was wär’s denn zur Abwechslung einmal mit Latein? Da gibt es weniger Mitbewerber unter den Angebern…

“We No Speak Americano” Das neapolitanische Gegenstück zum „american German“

Der Song "We No Speak Americano" war zuerst ein angesagter Clubhit, bevor er die Strände Australiens verließ, um in den europäischen Ferienregionen zu landen.
Für alle deutschsprachigen Mitbürger: Das Lied wird in neapolitanischem Dialekt gesprochen bzw. gesungen und handelt von einem Italiener der nach Amerika ausgewandert ist. Nach nur kurzer Zeit kehrt er in seine Heimat zurück und täuscht einen Amerikaner vor. Das ist Geschichte; denn jedermann zu dieser Zeit träumte davon, nach Amerika auszuwandern. 
Comme te po' capì chi te vò bene si tu le parle 'mmiezzo americano? Quando se fa l 'ammore sotto 'a luna come te vene 'capa e di: "i love you"!?
(Wer von denen die Dich mögen soll dich verstehen wenn du halb amerikanisch sprichst. Wenn man sich unter dem Mondschein liebt, was fällt Dir ein " i love you" zu sagen)

Wer heute amerikanisch spricht, kann nur – wie der junge Italiener im Lied – lächerlich von einer Verlegenheit in die nächste fallen. Aber was nützt Dir, kleiner Italiener, l’ammore sotto ‘a luna, wenn dein Präsident ein betrügerischer Schürzenjäger ist, wenn die Mafia dein Land im Griff hat, wenn Dein Fußball korrupt ist?  

Donnerstag, 30. Dezember 2010

Der seichte Kitsch des Rückimports von Elementen der Fest- und Eßkultur.

 Dem hinzuzufügen ist der Weihnachtsmann:
Er ist eine ähnliche Kulturbanalisierung und –Nötigung, bei der wir das ohnehin oft schon bescheidene europäische Niveau auf die gemein-amerikanische „Seifen-Oper“ -Ebene senken. Der Nikolaus wurde aus Europa verschleppt, er ist dann von Santa Claus zum Weihnachtsmann pervertiert und in die europäische Subkultur wieder zurückgekommen. Alles auf einem Vehikel der Getränkeindustrie. 
Im Grund ist es ihm gleich ergangen, wie es der Boulette (dem Fleischpflanzl oder -Krapfl) über die Fast-Food – Unkultur geschehen ist, als sie als Hamburger in Europa gelandet ist und sich wie eine Epidemie mittels der PR-Maschine auch verbreitet hat.

Und wenige merken, daß sie ihr kulturelles Selbstwertgefühl für den Denglisch-Kult aufgeben, einem Kult der durchaus schon peinliche Züge annimmt:

Leise rieselt der Schnee? Groovy tanzt das Christkind! Das ultimative Weihnachtsalbum für das Jahr 2010 heißt CHRISTMAS ROCKPARTY und garantiert mit über 40 Songs für einen Weihnachtssoundtrack, mit dem wirklich die ganze Familie Spaß haben kann. Denn hier ist vom Klassiker des Christmas- Crooning bis hin zum rockenden Weihnachtsengel alles dabei, was man sich wünschen kann.
(Bei so einem Sprachstil kann man ja direkt die Gänsehaut bekommen…)