Er stellt die Realwirtschaft den derivaten Finanzoperationen gegenüber. Echte Wertschöpfung entsteht immer nur in der Kern- Realwirtschaft, und die Ergebnisse wurden in mittlerer Vergangenheit immer wieder in die Realwirtschaft reinvestiert.
Im letzten Jahrzehnt aber wurden die Erträge aus der Realwirtschaft dieser entzogen und in Wetten (=Derivate) spekulativ eingesetzt. Wetten sind kein Kernprozeß der Realwirtschaft, sie erzeugen keine Wertschöpfung, aber sie bilden das System der Blasen. 2002 war das Verhältnis der Realinvestition zur Spekulationsmasse 1: 2.
Inzwischen hat sich das Verhältnis zu Ungunsten der realen Wertschöpfung - auf ein unglaubliches Maß von 1 : 50 für die Zocker - dramatisch verschlechtert. Das bedeutet eine Vervielfältigung der Spekulationsmasse, die gleichsam über der ganzen Erde kreist, ohne sich je wirklich niederzulassen und ohne so damit nachhaltig zu wirken.
* Roland Benedikter (* 1965) ist ein Südtiroler Soziologe und Politikwissenschaftler, der vor allem auf dem Feld der Kultursoziologie arbeitet. Er hat Bücher über inklusive Kulturanalyse und Gesellschaftsentwicklung geschrieben und seit 2009 ist er als Europäischer Stiftungsprofessor für Soziologie an der University of California, Santa Barbara und als Visiting Fellow / Research Affiliate an der Stanford University tätig. Seit 2010 ist er auch Research and Teaching Associate an der Europa Universität Viadrina Frankfurt/Oder, Deutschland.
Schlimm ist, daß nicht nur die anglo-amerikanischen Regierungskreise völlig von der Lobby der Spekulanten vereinnahmt sind, sondern auch die EU- Regierungen das Spiel (ahnungslos oder bewußt) dulden.
Beweis: mit einer Finanz-Transaktionssteuer wollte man das große Casinospiel einschränken. Aber die mächtigen Seilschaften der Investoren-Lobby – sie haben ja die meisten Medien in der Hand – haben erreicht, daß sich ihnen die Politik gebeugt hat. Was herauskommt ist wieder ein Blendwerk, nämlich eine Bankensteuer, deren Effekt die Sozialisierung der Risiken ist.
Das Spiel geht also weiter: Die Spekulanten locken die Kleinanleger mit ihrer Medienmacht gelegentlich auf falsche Fährten, sie selber wetten dagegen und streichen – sofern es gut geht - immense Gewinne ein. Sollte es schief gehen, schreien sie nach dem Rettungsschirm. Willfährige Regierungen verteilen den Verlust auf den Steuerzahler; ganz nach dem Muster: Gewinne sind Privatsache, Verluste werden sozialisiert.
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