Samstag, 19. März 2011

Finanz-Zocker leben vom „Auf Pump leben“

Die Erträge des letzten Jahrzehntes aus der Wertschöpfung der Realwirtschaft sind zuerst in die Immobilienblase geflossen. Als die dann geplatzt ist hat sich das Spekulationskapital auf das Wettgeschäft gestürzt. „Derivate“ hat man das vornehm genannt, was nichts anderes war, als Hütchenspiel ohne Grenzen.

Unbedarfte Anleger wurden in die Falle von scheinbaren gut bewerteten (von Agenturen „gerateten“) Anlageformen gelockt. Heimlich hat dann die Seilschaft der Spekulationslobby mit „Derivaten“ dagegen gewettet.

In der klassischen Rechtlehre ist so etwas Glatter Betrug: „ die Unwissenheit eines anderen ausnützen, um ihn zu schädigen“ fällt in der Realwelt unter das Strafgesetz. Die Gesetzgeber und Regierungen aber trauen sich nicht, einzugreifen, weil sie meistens selbst schon kompromittiert bis korrumpiert sind.

Möglich ist dieses üble Geschäft nur vor dem sozial-kulturellen Hintergrund des Schuldenmachens, „des Lebens auf Pump“. Ausgegangen ist das von der US-Kultur der Verschuldung, um die Zukunft vorwegzunehmen (siehe Literatur von Roland Benedikter).
Der „American Way of Life“ wurde - gefördert vom amerikanischen Kulturimperialismus - von Europa zuerst bewundert und dann sogleich nachgeahmt. Die Höhe der Schulden war der Maßstab für das Sozialprestige, wer mit Kreditkarte (nomen est omen) zahlt, ist angesehen, wer überweist oder gar bar zahlt, ein armes Würstchen.

Freitag, 18. März 2011

Realwirtschaft und Spekulationsblasen

Der Wissenschafter Roland Benedikter* hat sich mit dem wirtschaftlich- sozialen Phänomen der Spekulationsblasen beschäftigt und auch den kulturellen Hintergrund beleuchtet.
Er stellt die Realwirtschaft den derivaten Finanzoperationen gegenüber. Echte Wertschöpfung entsteht immer nur in der Kern- Realwirtschaft, und die Ergebnisse wurden in mittlerer Vergangenheit immer wieder in die Realwirtschaft reinvestiert.

Im letzten Jahrzehnt aber wurden die Erträge aus der Realwirtschaft dieser entzogen und in Wetten (=Derivate) spekulativ eingesetzt. Wetten sind kein Kernprozeß der Realwirtschaft, sie erzeugen keine Wertschöpfung, aber sie bilden das System der Blasen. 2002 war das Verhältnis der Realinvestition zur Spekulationsmasse 1: 2.

Inzwischen hat sich das Verhältnis zu Ungunsten der realen Wertschöpfung - auf ein unglaubliches Maß von 1 : 50 für die Zocker - dramatisch verschlechtert. Das bedeutet eine Vervielfältigung der Spekulationsmasse, die gleichsam über der ganzen Erde kreist, ohne sich je wirklich niederzulassen und ohne so damit nachhaltig zu wirken.

* Roland Benedikter (* 1965) ist ein Südtiroler Soziologe und Politikwissenschaftler, der vor allem auf dem Feld der Kultursoziologie arbeitet. Er hat Bücher über inklusive Kulturanalyse und Gesellschaftsentwicklung geschrieben und seit 2009 ist er als Europäischer Stiftungsprofessor für Soziologie an der University of California, Santa Barbara und als Visiting Fellow / Research Affiliate an der Stanford University tätig. Seit 2010 ist er auch Research and Teaching Associate an der Europa Universität Viadrina Frankfurt/Oder, Deutschland.



Schlimm ist, daß nicht nur die anglo-amerikanischen Regierungskreise völlig von der Lobby der Spekulanten vereinnahmt sind, sondern auch die EU- Regierungen das Spiel (ahnungslos oder bewußt) dulden.
Beweis: mit einer Finanz-Transaktionssteuer wollte man das große Casinospiel einschränken. Aber die mächtigen Seilschaften der Investoren-Lobby – sie haben ja die meisten Medien in der Hand – haben erreicht, daß sich ihnen die Politik gebeugt hat. Was herauskommt ist wieder ein Blendwerk, nämlich eine Bankensteuer, deren Effekt die Sozialisierung der Risiken ist.

Das Spiel geht also weiter: Die Spekulanten locken die Kleinanleger mit ihrer Medienmacht gelegentlich auf falsche Fährten, sie selber wetten dagegen und streichen – sofern es gut geht - immense Gewinne ein. Sollte es schief gehen, schreien sie nach dem Rettungsschirm. Willfährige Regierungen verteilen den Verlust auf den Steuerzahler; ganz nach dem Muster: Gewinne sind Privatsache, Verluste werden sozialisiert.

Donnerstag, 17. März 2011

Die falsche Deregulierung des Finanzsystems und die neue Form der Ausbeutung.

Die vom Neo-Liberalismus und Neo-Kapitalismus erträumte „Selbstreinigung“ des Finanzsystems hat nie funktioniert. Diese Art der Wirtschaftsphilosophie mit seiner Deregulierung nach dem Wildwestprinzip hat den Mittelstand massiv bedrängt, und dessen Ausdünnung wird jetzt allenthalben schmerzlich sichtbar. 

Wurden noch im klassischen Kapitalismus Gewinne wiederum in die Wirtschaft investiert, geht das Ergebnis aus der heutigen Ausbeutung, hauptsächlich zu Lasten des Mittelstandes, im System der Finanzblasen in parasitäre Organisationen ein. 

Und nach der Blase der High-Tech und „New Economy“ und der nächsten der Überschuldung von Immobilien, der „Subprime- Crisis“, müssen wir uns schon auf die nächste Blasen-Krise einstellen, vermutlich die der Lebensmittel.

Das Beispiel des „Rettungsschirms“ hat deutlich gezeigt, daß hier ein System gestützt wird, das falsch funktioniert. Wir mußten hier ein Schauspiel   erleben, das mit (Kultur-)-politischen Aktionen ein Blendwerk inszeniert hat, dessen alleiniges Ziel es war, Gewinne aus den Spekulationen für die wenigen Seilschaften der Spekulanten zu sichern. So konnte man die Verluste der Investoren aus den Geschäften mit der Überschuldung sozialisieren, also auf den Steuerzahler abzuwälzen.

Die Maßnahmen von „Basel III“, also vorgebliche Schutzregeln, haben eines erreicht: sie haben die Komplexität der Normen und Regeln (wahrscheinlich absichtlich) so hoch getrieben, daß es selbst Banken nicht mehr völlig durchschauen.

Im Zeitalter der zyklischen Finanzblasen müssen wir uns gegen die Zocker wehren

Die Gerüchte über angebliche künstliche Geldvermehrung oder auch über Geldvernichtung sind ein Mythos, der vielleicht vom Spiel der harten international agierenden Zocker ablenken soll. Diese saßen bisher  hauptsächlich in den anglo- amerikanischen Finanzzentren, haben aber auch schon begonnen, die vergleichbaren asiatischen Pole zu infiltrieren, und sie vermehren sich dort atemberaubend.

Geld- bzw. Wert- Vermehrung kann nur durch Produktion von Waren oder Leistung entstehen.

Das Spiel der Blasen aber räumt von der Menge der Abermillionen Kleinanleger und Fonds (siehe z.B. amerikanische Pensionsfonds), oft auch von der Masse der Hunderte Millionen Steuerzahler wenn sie (z.B. für den Euro-Schutzschild) garantieren müssen, für wenige tausend Spekulanten ab. Bezeichnend dafür ist der Anstieg der Multimilliardäre über die Blasen hinweg (New- Economy -> SubprimeCrisis -> Europäische Staatsverschuldungen -> …).

Laut „Forbes-Liste 2011“ gibt es mehr Milliardäre denn je. „Die Zahl der Superreichen steigt rasant. In den USA sind es immer weniger, in Asien und Russland immer mehr. So viele Milliardäre gab es noch nie – und das lediglich zwei Jahre nach der Finanzkrise. 1210 Dollarmilliardäre verzeichnet die neue Forbes-Liste – fast 200 mehr als vor einem Jahr.“ http://www.zeit.de/wirtschaft/2011-03/forbes-milliardaer-usa

Was zu beweisen war: Die Seilschaft der neo- kapitalistischen Spekulanten bläst in Blasen, verbreitet über die Medien, die sie in weiten Teilen beherrschen, die Mär von den Krisen. Sie erzählt von den angeblich komplexen Zusammenhängen, von der Geldvermehrung  und der Geldvernichtung, streut Sand in die Augen der Betroffenen und zockt in Wirklichkeit die halbe Welt ab. Und die ständigen Katastrophen-Meldungen lenken natürlich ab, und wir geben uns als nützliche Idioten her. Selbst Landes- und Großbanken lassen sich dahineinziehen und geben den Falschspielern mitunter  sogar den Sündenbock ab.